Berichte

Interview mit Gerhard Roth

[custom_frame_left]Hirnforschung[/custom_frame_left]

1. Mit was für Erinnerungen blicken Sie auf Ihre Zeit im Friedrichsgymnasium Kassel zurück?

Insgesamt habe ich sehr positive Erinnerungen an meine Zeit im FG. Ich habe mich dort fast durchweg sehr wohl gefühlt. Die Schule war damals (und ich hoffe auch heute noch) von einer toleranten und humanen Atmosphäre des Lehrens und Lernens bestimmt, und die Lehrer waren bis auf ganz wenige Ausnahmen gut bis hervorragend.

2. Was haben Sie am Friedrichsgymnasium gut oder schlecht gefunden?

Wirklich schlimme Dinge habe ich dort nicht erlebt. Ich hatte eine ganze Reihe sehr guter Lehrer, allen voran den damaligen Schuldirektor Dr. Kirchhoff, genannt „Moppel“ (wegen seines Aussehens), bei dem wir in den unteren Klassen Latein und in den oberen Griechisch hatten, und den wir alle sehr verehrt haben.

3. Was für Leistungskurse hatten Sie?

Leistungskurse gab es damals in den 50er und 60er Jahren noch nicht. Sehr gern habe ich Griechisch, Latein, Deutsch, Geschichte und Musik gemacht. Das hing auch davon ab, dass die Lehrer gut waren. Mathematik habe ich eigentlich auch sehr gemocht, aber in Mathe hatten wir keine guten Lehrer. Das Fach, das ich am wenigsten mochte, war Biologie – aus welchen Gründen auch immer. Ich hätte damals nie geglaubt, einmal Biologie-Professor zu werden.

4. Welche AGs haben Sie am Friedrichsgymnasium belegt? Welche Eindrücke haben diese bei Ihnen hinterlassen?

Es gab eine Arbeitsgemeinschaft für Philosophie, an der ich begeistert teilgenommen habe, und die meinen Wunsch beeinflusste, Philosophie zu studieren. Daneben habe ich Russisch und Italienisch gelernt, und letzteres hat eine große Bedeutung für mich erlangt, denn ich habe zweimal in Italien studiert (Rom und Pisa), und Italien ist später meine zweite Heimat geworden.

5. Warum haben Sie nach Ihrem Studium von Germanistik, Musikwissenschaften und Philosophie Biologie studiert?

Musikwissenschaft habe ich studiert, weil ich aus einer Familie mit vielen Berufs- und Hobby-Musikern komme. Germanistik habe ich wegen des hervorragenden Deutschunterrichts und meiner Liebe zur Literatur studiert, Philosophie wegen der AG und in der Hoffnung, im Rahmen eines Philosophiestudiums Genaueres darüber zu erfahren, was Denken, Bewusstsein, Wahrnehmung und Erkenntnis ist, denn diese Themen haben mich schon als Junge mit 14 Jahren fasziniert. Leider war das trotz einer guten klassischen Philosophieausbildung eine große Enttäuschung. Meine Philosophie-Professoren in Münster und in Rom haben mir viel darüber beigebracht, welcher Philosoph was über diese Themen gesagt hat, aber keiner von ihnen war daran interessiert (oder auch in der Lage) herauszufinden, wer womit Recht hatte. Das konnte man nun einmal nur per Experiment herausbekommen, aber diese Philosophen verachteten die Naturwissenschaften. Ich habe dann in Münster einen bedeutenden Biologen, Bernhard Rensch, und einen ebenso bedeutenden Psychologen, Wolfgang Metzger, kennengelernt, und die haben mir gezeigt, wie man sich wissenschaftlich diesen philosophischen Fragen nähert. Besonders fasziniert haben mich bei Rensch nicht nur dessen bedeutende evolutionsbiologischen Forschungen, sondern seine bahnbrechenden Arbeiten mit Schimpansen, deren Intelligenz er studierte. Es war deshalb klar, dass ich nach meiner Dissertation in Philosophie ein Zweitstudium in Biologie absolvieren würde. Das wurde mir dann auch, ebenso wie das Erststudium, von der Studienstiftung des deutschen Volkes finanziert.

6. Was fasziniert Sie an der Hirnforschung?

Am meisten faszinieren mich inzwischen die Möglichkeiten herauszubekommen, wie Bewusstsein und Geist entstehen, was Gefühle sind, wie psychische Erkrankungen entstehen und wie sie am besten behandelt werden (mein jetziges Arbeitsgebiet). Dabei arbeite ich eng mit Psychologen, Psychiatern und Psychotherapeuten zusammen, und das ist unglaublich spannend. Es geht dabei auch um traditionelle philosophische Fragen, z. B. ob und wenn ja unsere Wahrnehmung die Welt „so wie sie ist“ abbildet, und ich stelle fest, dass die Hirnforschung zur Lösung dieser Fragen vieles beitragen kann.

7. Sie sind Professor, also auch zum Teil Lehrer geworden. Hätten Sie früher von sich vermutet, dass Sie einmal selbst unterrichten werden? Weshalb (nicht)?

Ich habe bereits während meiner Schulzeit auf Wunsch meiner Lehrer in „tieferen“ Klassen unterrichtet, und das hat mir großen Spaß gemacht. Es war für mich sonnenklar, dass ich einmal Professor werden wollte. Worin, das wusste ich damals allerdings noch nicht.

8. Was war das Erste, was Sie nach Ihrer Schulzeit am Friedrichsgymnasium gemacht haben?

Ich habe zusammen mit einem Freund eine lange Reise nach Spanien und Marokko unternommen. Das war ein unvergessliches Erlebnis, obwohl die Reise beschwerlich war und wir wenig Geld hatten.

9. Waren Sie, nachdem Sie Ihre Schulzeit beendet hatten, irgendwann noch einmal am FG? Wenn ja zu welchem Anlass?

Ich war mehrfach nach meinem Abitur kurz zu Besuch und habe vor ca. 10 Jahren einen Vortrag über die Evolution des menschlichen Gehirns gehalten. Das ist damals offenbar gut angekommen. Vor ein paar Jahren wollte mich eine FG-Klasse im Rahmen des Bio-Unterrichts in meinem Institut besuchen, aber leider ist aus Zeitgründen daraus nichts geworden.

10. Welche Erinnerung würden Sie unseren Schülern mit auf den Weg geben?

Meine Zeit am FG bestätigt die durch die „Hattie-Studie“ herausgestellte Tatsache, dass der Schulerfolg und die Lernmotivation ganz entscheidend von der Lehrerpersönlichkeit und der positiven Beziehung zwischen Lehrern und Schülern abhängen. Genau dies habe ich am FG in sehr positiver Weise erfahren und ich bin ihm dafür sehr dankbar!

Carla von Canstein, E1

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