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„ Als die Mauer fiel …” – Die Zeitzeugin Cornelia Zoels berichtet am Friedrichsgymnasium

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Am 07.11.2016 lud die Fachschaft Geschichte die Zeitzeugin Cornelia Zoels zu einem Gespräch im Raum E005 ein. Geladen war die Jahrgangsstufe Q3.

Zunächst fand eine Einführungsveranstaltung statt, die von einer Referentin der Deutschen Gesellschaft, Frau Petschke, geleitet wurde. Dabei ging es vor allem um Basisfakten zu Politik, Wirtschaft und Alltag in der DDR. Nach dieser sehr informativen Einführung begann das eigentliche Zeitzeugengespräch.

Zoels, 1964 in Brandenburg an der Havel geboren und dort mit drei Geschwistern aufgewachsen, berichtete sehr eindrucksvoll über diverse Stationen ihres Lebens in der DDR, von der Familie über die Ausbildung bis hin zu ihrer Verfolgung durch die Stasi. Ihre Kindheit war sehr von der Entzweiung von Familie und systemischer Vorgabe geprägt: Auf der einen Seite stehen ihre Eltern, die stets eine kritische Sicht auf die DDR gehabt haben und Pakete von der Verwandtschaft aus der Bundesrepublik mit Westprodukten, u.a. Westkleidung, erhielten. Zudem stellten die Eltern einen Ausreiseantrag in den Westen. Zuhause hat man bei ihr mit Vergnügen Programme des Westfernsehens wie „Bonanza“ oder „Lassie“ gesehen. Auf der anderen Seite stand jedoch das strikte System der DDR, welches durch Vorgaben wie die Teilnahme an der Jugendweihe und dem Eintritt in die FDJ geprägt war. Zoels ist als Jugendliche gerade in der Schule durch ihr Verhalten aufgefallen; so hat sie beispielsweise die geschenkte Westkleidung dort mit Vergnügen getragen, sich der Jugendweihe und dem FDJ-Beitritt entzogen. Sogar eine harmlos scheinende Frage des Lehrers nach den Programmen, die man zu Hause gerne schaue, konnte laut Zoels dazu führen, dass die Lehrer vor der Tür standen oder einen die Stasi auf die Beobachtungsliste nahm und verfolgte, gerade wenn Kinder arglos die Namen einschlägiger Westprogramme nannten.

Sehr glaubwürdig und berührend erläuterte Cornelia Zoels zudem, wie ihre Eltern für sich einen Ausreiseantrag stellten (ein Antrag für die komplette Familie hätte keine Bewilligungschance gehabt) und auf dem Weg zur ständigen Vertretung der BRD in Ost-Berlin von der Stasi verhaftet wurden. Ihr Leben erfuhr dadurch einen tiefgreifenden Einschnitt: Sie kam in ein Kinderheim und wurde von ihrer Familie getrennt.

[custom_frame_left]img_0959[/custom_frame_left] Nachdem die Bundesregierung schließlich ihre Eltern im Jahr 1986 freikaufte, blieb sie in der DDR mit zwei Geschwistern alleine zurück. Der geistig behinderte jüngste Bruder von Zoels, wurde mit ausgewiesen. Durch besagten Antrag war auch ihr geplanter Berufsweg verschlossen: Ihr Traum vom Abitur und einem Studium als Lehrerin sowie einer Karriere als Handballspielerin war geplatzt, sie musste stattdessen in der Tram-Werkstatt der Stadt Magdeburg eine Ausbildung beginnen. Somit war ihr gesamtes Leben in der DDR faktisch durch die Stasi und ihre „Allgegenwärtigkeit“ geprägt. Der negative Höhepunkt war für sie erreicht, so berichtete sie, als sie damals herausfand, dass ihr Ehemann, den sie auf einer Betriebsveranstaltung kennengelernt hat, ein gezielt auf sie ausgerichteter Stasi-Observant war. Besonders hellhörig wurde er beim Schauen von Westfernsehen, wodurch Zoels das vorgetäuschte Vertrauensverhältnis bemerkt hat. Für sie war ihre Ehe nach der Selbstentlarvung ihres Gemahls ein Kartenhaus, welches in sich zusammenfällt.

Begleitet wurde die Veranstaltung von zahlreichen interessanten Fragen der Zuhörer; so wurde zum Beispiel gefragt, wie Frau Zoels den Mauerfall erlebt hat oder ob sie auch gute Seiten der DDR sah. Auf ersteres erwiderte sie, dass der Mauerfall 1989/90 für sie, wie für die meisten Bürger der DDR, eine Befreiung war, die für sie einen völlig neuen Lebensabschnitt bedeutete. Auf letztere Frage antwortete sie mit einer kurzen Anekdote aus ihrer Autobiografie „Hinter der bunten Mauer“, in der sie berichtete, wie es ihre Familie schaffte, aus zwei Kilo für die Familie vorgesehenen Bananen durch mehrmaliges Anstellen in einer Konsumentenschlange acht Kilo zu machen.

Alles in allem war das Zeitzeugengespräch eine sehr interessante und historisch aufschlussreiche Erfahrung; Cornelia Zoels erzählte sehr detailliert, aber auch mit viel Humor, wie die DDR ihr Leben beeinflusst hat und möchte damit der jüngeren Generation das Alltagsleben in diesem untergegangenen Staat aber auch dessen Widersprüche und Ungerechtigkeiten näherbringen.

Edwin Bogdan, Jahrgangsstufe Q3

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